Archiv der Kategorie: Allgemein

Bericht aus dem Garten

Bericht aus dem Garten

Alles ist warmes, gelbes Licht getaucht. Ein Parzellennachbar hat das Gardenoffice für sich entdeckt. Er wandelt mit dem Handy über den Rasen und konferiert mit seinen Geschäftsfreunden in drei verschiedenen Sprachen. Die Raben krächzen dazu leise, Teichhühner gackern aus der Ferne. Der kleine rote Teufel ist wieder da. Manche nennen ihn aus Unwissenheit „Eichhörnchen“ und halten ihn für putzig. Die letzten Wochen hat er mit viel Getöse die Haselnussbüsche abgeräumt. Diesmal habe ICH IHM aufgelauert und ihn mit lautem Händeklatschen in die Flucht geschlagen. Diese Runde ging an mich.

Das Leben ist eine mit Plastikplane abgehängte Baustelle

Das Leben ist eine mit Plastikplane abgehängte Baustelle

Warten an der Haltestelle. Gegenüber steht ein eingerüstetes Haus, partiell hängen Plastikbahnen davor, zum Schutz gegen Wind und Regen. Zwei Maler, ein alter und ein junger, vielleicht Meister und Geselle, sind an den Balkonen tätig. Auf dem Bordstein vor dem Gebäude steht mit prüfendem Blick jemand aus dem Haus, ein Mieter oder der Hausbesitzer. Plötzlich dringt ein Schrei aus dem 3. Stock des Gerüsts: „Oh neiin!…Andreas!“ Der alte Malermeister eilt herbei, erfasst die Lage und ruft betont laut und zuversichtlich, in Richtung des kritischen Zuschauers: „Das kriegen wir wieder weg!“ Dann kommt die Bahn, ich sitze auf einem Fensterplatz, alleingelassen mit bohrenden Fragen: Was genau geschah hinter dem Vorhang? Konnte Andreas den Schaden beheben? Wie reagierte der Vermieter? Wird es ein Nachspiel geben?

Fußball EM

EM Türkei-Italien
Schade, dass der Männerfußball Eleganz und Leichtigkeit immer etwas missen lässt, gelegentlich wirkt das Spiel etwas grobschlächtig, manchmal auch fast brutal. Faszinierend und wirklich elegant fand ich aber den weißen Dress der Italiener: Die Hosen an der Hüfte anliegend, die Linie betonend, lang geschnitten und an den Knien viel flatternder Stoff – ein bisschen fast wie ein Tenniskleid.

Fürs Fotoalbum

Fürs Fotoalbum

Kürzlich war ich an der See. Ein sonnendurchfluteter Kiefernwald, ein sandiger Weg, der nahe Strand – diesen schönen Moment wollte ich festhalten auf einem Foto. Nicht auf einem profanen Selfie, es sollte auch Umgebung darauf sein. Spontan fragte ich einen nahenden Spaziergänger, ob er auf den Auslöser meines Fotoapparates drücken würde. Er willigte ein, ich stellte mich in Positur, lächelte in die Kamera. Der Mann schaute auf das Display und schien kurz innezuhalten, er überging aber den Impuls und machte das Foto. Später sah ich das Bild, das sich ihm geboten hatte: Eine rotgesichtige, schief grinsende, mit verrutschter Jacke und abstehenden Haaren unvorteilhaft vor einem Baum stehende Figur, die man nicht gut genug kennt, um Regieanweisungen geben zu können. Nächstes Mal vielleicht doch ein Selfie.

Titanic,  Mai  21

bleaching lounge

Bleaching Lounge

Professionelle Zahnreinigung frischt nebenbei auch das Gehirn auf. Durchhängende lange Leitungen straffen sich durch die Vibrationen, Kratzgeräusche schleifen die Synapsen blank. Ich kann anschließend schwierige mathematische Aufgaben lösen, Quittungen den Kontoauszügen zuordnen etc. Deshalb erwäge ich, mir ein kleines Dentallabor mit verstellbarem Sessel und einigen Geräten anzuschaffen, inklusive automatischem Desinfektionmittelzerstäuber. Dorthin begebe ich mich morgens nach dem Kaffee etwa für fünfzehn Minuten und lasse die Geräte walten. Danach bewältige ich den Alltag mit Verve. Ich denke, nach einem Jahr dürfte ich die Investition wieder raushaben.

Titanic,  April 21

Rüdesheim

Rüdesheim
Ein breiter Fluss mit Flussschiffen darauf, schroffe Felsenhänge, stufige Weinberge, Natursteinkirchen, Mäusetürme, braune Burgruinen, beflaggte weiße Schlösser mit schlanken Türmen, uniformierte Bahnwärter mit roten Kellen, spießige 70-er-Jahre Häuser, alte Handelsvillen mit grünen Fensterläden, Fachwerkhäuser mit schwarzen Schindeldächern, kurvige Schienenstränge und Straßen, auf denen orange Betonmischfahrzeuge brummen…auf der Rhein-Zugstrecke fühle ich mich immer wie ein Plastikfigürchen in einer Modelleisenbahn.